Woche der Begegnung

Schüler der Hugo-Höfler-Realschule nehmen an der „Woche der Begegnung“ des „Blauen Hauses“ teil.

Geschichtsunterricht der ganz besonderen Art durften die Schülerinnen des Moduls „Blaues Haus“ sowie des Polenaustauschs erleben: Vom 21.06.15 – 26.06.2015 fand im Blauen Haus die „Woche der Begegnung“ statt, zu der zahlreiche Verwandte emigrierter Breisacher jüdischer Familien in die Heimat ihrer Vorfahren zurückkehrten. Sie kamen aus der ganzen Welt, aus den USA, aus England und Schottland oder Frankreich. Sogar eine Zeitzeugin, die im Alter von acht Jahren ihre Heimatstadt Breisach verlassen musste war zu diesem Ereignis aus der Schweiz angereist.

Am Sonntag, den 21.06. wurden die Familien feierlich begrüßt und man besuchte gemeinsam den jüdischen Friedhof in Breisach. Die Schüler hatten dabei die Aufgabe, die Familien zu den Gräbern ihrer Vorfahren zu führen. Den Friedhof, seine Geschichte und die Geschichten der Familien hatten die Schülerinnen des Moduls bereits in den Wochen zuvor erkundet, sodass sie ihre wichtige Aufgabe mit großem Ernst und Würde wahrnehmen konnten. Etwas mulmig war ihnen zuvor schon gewesen – schließlich fand die gesamte Veranstaltung auf Englisch statt!

Auch das traditionelle jüdische Totengebet – der Kaddisch – wurde dort gebetet, unter der Leitung des englischen Rabbiners David Mason. Ein berührendes Erlebnis, das alle Teilnehmer bestimmt nicht vergessen werden.

Die ebenfalls an diesem Sonntagnachmittag stattfindende Einweihung des sich neben dem Blauen Haus befindenden, nach dem letzten Breisacher Kantor benannten Michael-Eisemann-Platzes und die Gedenksteinlegung für diesen geschätzten Bürger der Stadt wurde von Charlotte Waibel, Lehrerin an der Hugo-Höfler-Realschule und Yuko Mack von der Breisacher Musikschule musikalisch umrahmt.

Bei der anschließenden Übergabe der „Schicksalsblätter“ für ein Gedenkbuch, das den Breisacher Opfern der nationalsozialistischen Rassenpolitik gewidmet ist, traten wieder die Schüler in Aktion: Sie lasen die Namen vor und übergaben die Blätter.

Am Dienstag, den 23.06. wurden die weitgereisten Gäste dann in der Realschule empfangen. Die Schülerinnen und Lehrerinnen des Moduls sowie Realschullehrer Christoph Müller, der den Austausch zwischen Breisach und Oswiecim betreut, hatten einen für alle Beteiligten spannenden und Abwechslungsreichen Vormittag vorbereitet: Die Gäste wurden vom Modul mit dem jiddischen Lied „Tsukunft“ begrüßt. Danach richtete Herr Realschulrektor Dr. Christoph Wolk das Wort an die Gäste und dann stellten die Schülerinnen des Moduls zusammen mit ihrer Lehrerin Charlotte Waibel ihre Arbeit im Modul „Blaues Haus“ vor. Nach einem weiteren jiddischen Lied, dem bekannten „Dona, dona“ oder „Dos Kelbl“, bei dem die Gäste gerne den Refrain mitsangen, wurde von den Lehrern Regina Maußner und Christoph Müller der Polenaustausch erläutert. Auch Schüler, die daran teilgenommen hatten, schilderten ihre Erfahrungen. Die sich daraus ergebende und sich daran anschließende Gesprächsrunde war für alle Teilnehmer ein Gewinn. Die Sprache stellte sich dabei nicht als Hindernis heraus – alle Schüler bestätigten einmütig, dass das Englische wirklich kein Problem gewesen sei. Auch die verbindende Kraft der Musik durfte man an diesem Morgen erleben: Zum Abschluss sangen alle, Gastgeber wie Gäste, Hewenu Schalom Alechem zusammen, auf Hebräisch und auf Deutsch, dann stimmte Prof. Dr. Daniel Hoffmann, einer der Gäste, spontan ein Lied auf Hebräisch an, als Dank für unsere Musik. Ein Stück der „Tsukunft“, die zu Beginn der Veranstaltung von den Schülerinnen besungen wurde, wurde auf diese Weise noch an jenem Vormittag Gegenwart.

Nach diesem ereignisreichen Vormittag konnten sich alle – Gäste, Schüler und Lehrer – bei einem Mittagessen auf dem Lenzenberg entspannen und näher kennenlernen. Und ehe man es sich versah wurden erst Spätzlerezepte auf Englisch und dann Adressen ausgetauscht.

Zum Abschluss dieser eindrucksvollen Woche nahmen einige der Schülerinnen noch an der Exkursion zur Gedenkstätte Struthof in den Vogesen teil, die das Blaue Haus organisiert hatte. Von Breisach ging es zuerst nach Mackenheim auf den jüdischen Friedhof, wo das Grab der Familie des Gastes Alan Frank besucht wurde, der Nachkomme der Breisacher Familie Geismar ist. Von dort führte der Weg nach Struthof.

Es ist eine Sache, eine KZ-Gedenkstätte mit der Schulklasse zu besuchen, eine andere, dies mit Nachfahren einer Breisacher jüdischen Familie zu tun. Dass die Vorbereitung und Durchführung dieser Woche Spuren bei allen Beteiligten hinterlassen hat wurde durch die schlichten Worte Alan Franks deutlich: We saw in your faces, that you meant what you sang for us.“