„Im Namen des Volkes“

Zwei zehnte Klassen der Hugo-Höfler-Realschule Breisach zu Besuch im Breisacher Amtsgericht

Plötzlich wurde es ganz still, und die Klasse erhob sich von ihren Stühlen. Aber schon als die Richterin an ihrem Platz angekommen war, bedeutete sie den Jugendlichen, sich wieder zu setzen. Gespannt wartete die Klasse 10c, die das Klassenzimmer an diesem Tag mit dem Gerichtssaal getauscht hatte und von ihrem Lehrer Oliver Staib begleitet wurde, was nun passieren würde.

Nachdem die Richterin die Verhandlung eröffnet hatte, verlas der Staatsanwalt die Anklageschrift.
„Gefährliche Körperverletzung“ lautete der Vorwurf, weil der Angeklagte mit einem Metallstuhl nach seinem Mitbewohner geworfen hatte. Er bestritt die Tat nicht und machte seine schwierigen Umstände dafür verantwortlich, so gehandelt zu haben.

Konzentriert und interessiert verfolgten die Jugendlichen nun die Vernehmung der Zeugen und die Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. In der Pause vor der Urteilsverkündung diskutierten einige aus der Klasse, wie sie denn urteilen würden, wenn sie an Stelle der Richterin die Verhandlung leiten müssten. Als dann eine Freiheitsstrafe herauskam, sahen sich manche in ihrer Meinung bestätigt, während andere eher mit einem milderen Urteil gerechnet hätten. Zufrieden war aber die gesamte Klasse, weil sie nun endlich einmal eine echte Gerichtsverhandlung erlebt hatte.

Ähnlich erging es auch der Klasse 10b, die gespannt verfolgte, welches Urteil einen Angeklagten erwarten würde, dem mehrere Diebstähle zur Last gelegt wurden. Die Jugendlichen waren unterschiedlicher Meinung darüber, ob eine Gefängnisstrafe hier das Richtige wäre oder ob evtl. eine Geldstrafe ausreichen würde. Am Ende kam eine Bewährungsstrafe heraus.

Im Anschluss an die beiden Verhandlungen gestattete die Richterin den Schülerinnen und Schülern jeweils, Fragen zu stellen. „Tut Ihnen der Angeklagte manchmal auch Leid?“ wollte ein Schüler zunächst wissen. „Selbstverständlich“, entgegnete die Richterin. „Es gibt einfach Situationen, in denen Menschen aufgrund ihrer Lebensumstände mit dem Gesetz in Konflikt kommen, ohne dabei große Schuld auf sich geladen zu haben. Da fällt es mir dann auch nicht leicht, im Namen des Volkes ein gerechtes Urteil zu sprechen. Es gibt aber auch viele Fälle, in denen der Angeklagte eindeutig selbst Schuld ist.“

„Kann man das Urteilen denn üben?“ wollte eine Schülerin wissen. „Jeder Fall ist natürlich anders“, antwortete die Richterin. „Aber natürlich hilft mir meine Berufserfahrung schon sehr, wenn es darum geht, bei einem Urteil das richtige Strafmaß zu finden.“ Das konnte die Klasse gut nachvollziehen. Zufrieden konnte sie nun den Heimweg antreten.